Belief and Reality

Academy of Fine Arts, Munich

​​Artist, Prof.

 Die 2019 zum Diplom präsentierte Arbeit „Belief and Reality“ ist eine im vergangenen Jahr entstandene Installation und 27-minütige Performance. Jangwoo You hat in dieser Arbeit einen formalästhetischen historischen Konflikt aufgegriffen, nämlich die Aneignung typografischer Muster und ihre Kanonisierung durch das Nationalsozialistische Regime. Das Verhältnis zu formalen Sprachen und Formlementen, die im Nationalsozialismus Verwendung fanden evoziert natürlich immer die Frage, inwieweit diese dadurch entweder undenkbar werden oder ob man gerade sie wieder rück-aneignen muss. Dieser Debatte wohl bewusst, hat Jangwoo You einen weiteren Weg gewählt, eine Art historische Umschreibung von formalen Strukturen, hier repräsentiert durch das für viele dialektische Muster der Frakur vs Antiqua. Für Jangwoo You bilden sie vielmehr zwei motorische Muster ab, er reduziert sie in ihre geometrische Grundstruktur, übernimmt dadurch ihr formales Gerüst, aber nicht ihre fertige typografische Gestalt. Und er verwendet sie als Tanznotationen, wodurch er ein weiteres Konzept der Kontrolle ins Spiel bringt. Was dadurch entsteht ist eine getanzte Krise der Form, in welcher die zwei grundlegendsten Strategien der Aneignung – die gestaltpsychologische (Fraktur) vs. die kulturelle (Antiqua) gegeneinander antreten. Damit bring Jangwoo You auch seine eigene Position – als die eines Künstlers, der mit den Bedeutungsmustern der deutschen Geschichte nicht aufgewachsen ist – reflektiert, aber ästhetisch involviert ins Spiel. Was er in dieser Arbeit meiner Ansicht nach sehr sicher bewältigt hat ist die Problematik eines zeitbasierten und eines raumbasierten Präsentationsformats. Die Arbeit ist keine „reine“ Performance, aber auch keine Rauminstallation im mittlerweile gewohnten Sinn. Auch hier zeigt Jangwoo You die Bandbreite seines reflexiven Vermögens.